Kotelett im Nacken

Wer in der Dämmerung über den Ölberg schlendert, bleibt nicht selten vor den großen Schaufenstern des meist hell erleuchteten Ateliers KernKunst stehen. Hier lebt, isst und arbeitet der Maler André Kern seit über fünfzehn Jahren. „Manchmal werde ich beim Malen beobachtet, das ist schon etwas seltsam. Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt“, so Kern. Aufsehen erregte er erstmals 2007 mit seinen „Fleischbildern“, die er als Reaktion auf übertriebenen Veganismus versteht. Eine Provokation mit Augenzwinkern. „Ich esse und trinke einfach gerne“, so der gebürtige Rheinländer. Die Verteufelung von Fleischgerichten kann er deshalb nicht nachvollziehen. Folgerichtig hat er sich vor einiger Zeit ein saftiges Nackenkotelett im Halsbereich tätowieren lassen. Aktuell widmet er sich seinen ausrangierten Bildern, denen er durch gezielte Übermalungen neues Leben einhaucht. Bei manchen bleibt nicht viel vom ursprünglichen Motiv, andere bekommen einen ganz neuen Fokus. Was wäre André Kern heute, wenn nicht Künstler? „Ich interessiere mich für Biologie, vielleicht etwas in diese Richtung.“ Zum Beweis deutet er auf einige Pflanzentöpfe, die er zum Überwintern reingestellt hat. „Eigentlich ist das Unkraut“, so Kern. Für seine größeren Arbeiten unterhält der Maler weitere Räume in unmittelbarer Nähe zu seinem Atelier in der Marienstraße. Wer mit ihm in Kontakt treten will, der kann André Kern auch auf dem regelmäßig stattfindenden Kunstmarkt auf dem Otto-Böhme-Platz besuchen. Bald stellt er seine Arbeiten dort in einem neuen Zelt aus. Darüber hinaus reißt er sich nicht um Ausstellungsräume: „Ich muss nicht mit aller Gewalt berühmt werden. Wenn, dann auf meine Weise.“