Unter die Haut

Seit über 18 Jahren ritzt Peter Karlsruhen Menschen die Haut auf und Farben darunter. Sein Laden im Luisenviertel hat längst Kultstatus erreicht. Genau wie er selbst.

Viele seiner Kunden kommen seit Jahren zu ihm. Seinen Beruf, den der 50-Jährige selbst als Kunsthandwerk beschreibt, hat er „von der Pike auf gelernt“. Er pendelt seit 13 Jahren zwischen einem Tattoostudio in Berlin und seinem eigenen in Wuppertal hin und her. „Meine Heimat ist immer da, wo ich bin“, so Karlsruhen etwas knurrig. Zur farbig gestochenen Haut ist er in seiner Punkzeit gekommen. Doch was damals als Stigma von selbsternannten Außenseitern genutzt wurde, schmückt heute auch Ottonormalverbraucher. Das Geschäft ist komplett professionalisiert und sehr schnelllebig. Diese „Banalisierung“ sieht Peter Karlsruhen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits beschert ihm der lockere Umgang mit dem dauerhaften Hautschmuck neue Kunden, andererseits verliere das Tattoo an sich dadurch auch ein Stück weit seine ursprüngliche Bedeutung.

Die künstlerische Arbeit findet grundsätzlich vorher auf dem Papier statt. „Das Einbringen der Pigmente in die Haut erfordert eine andere Art der Konzentration“, so der Tätowierer. Man müsse sich dann von der Form lösen. Beim Stechen selbst gehe es um die abstrakte Linie und die Farbe. Und das muss stimmen, denn eines steht fest: „Die Haut verzeiht nichts.“ Nach dem Stechen arbeitet das Motiv noch rund ein bis zwei Jahre weiter: „Schattierungen sättigen sich, Flächen werden plan und so weiter. Danach wird es mit der Zeit blasser.“ Man brauche deshalb Begrenzungslinien und starke Kontraste. Der Alterungsprozess muss also schon bei der Motivfindung mit bedacht werden, sonst ist die Enttäuschung mitunter nach einigen Jahren groß. Eine Tatsache, die viele Kunden nicht wahr haben wollen, weshalb die zwischenmenschliche Kommunikation einen großen Part im Arbeitsalltag einnimmt. Oft verbunden mit einer großen Portion Überzeugungsarbeit. Die Idee kommt vom Kunden – das Know-how vom Fachmann. Aber: „Viele Sachen sind schlicht nicht umsetzbar beziehungsweise langfristig sinnlos. Zum Beispiel, wenn es zu fein oder zu klein wird“, so Karlsruhen.

Genau so traditionsbewusst wie seine Arbeitsweise geht er auch die gesamte Organisation an. Wer in seinem Studio „Kraftwerk“ einen Termin ausmachen möchte, muss entweder zum Hörer greifen oder gleich selbst vorbeikommen. Eine E-Mail-Adresse sucht man auf seiner Homepage vergeblich.