Seine Arbeit ging in die Designgeschichte ein, sein Name dürfte allerdings nur eingefleischten Grafikern bekannt sein. Die Rede ist von Willy Fleckhaus, dessen gestalterische Innovationen heute noch großen Einfluss haben.
Der 1925 in Velbert geborene Willy (Wilhelm August) Fleckhaus war Journalist, Buchgestalter, der erste echte Art Director Deutschlands und einer der einflussreichsten Magazindesigner der Welt. In den siebziger und frühen achtziger Jahren lehrte er als Professor an der Folkwangschule in Essen und an der Bergischen Universität Wuppertal. Und das, ohne je selbst eine Universität besucht zu haben, auch ein Abitur hatte er nicht. Eine seiner herausragenden Schöpfungen war das avantgardistische Jugendmagazin „twen“, das er 1959 zusammen mit Adolf Theobald und Stephan Wolf gründete.
Frech und sexy
Die bahnbrechende Gestaltung des Magazins beruhte auf einem bis dahin nicht gekannten emotionalen Layout. Sein Spiel mit der Typografie, der Einsatz seitenfüllender Fotos, ein strenges Layout-Raster, die harten Schwarz-Weiß-Kontraste und eine radikale Reduktion waren neu und einzigartig. Dabei ging Fleckhaus grundsätzlich systematisch vor. Er formulierte klare Regeln und nachvollziehbare Standards – und brach mit diesen, wenn nötig. Und er strebte nach einer ganzheitlichen Herangehensweise, bei der Bilder, Illustrationen und Texte gleichermaßen beim Aufbau berücksichtigt wurden. Mit Willy Fleckhaus hielt die Kunst des Magazin-Layouts Einzug in die Kioske der Bundesrepublik.
„twen“ war außerdem das erste deutsche Zeitgeistmagazin überhaupt und lieferte die Lifestyle-Themen, die junge Menschen in ihren Zwanzigern brennend interessierte: Sex, Musik, Kultur, linksliberale Politik, Mode und Freiheit. Eine klarer Bruch mit den bekannten Publikationen während der spießig-verstaubten Adenauerzeit. Insgesamt 129 Ausgaben von „twen“ wurden veröffentlicht. Im Mai 1971 wurde das Magazin eingestellt.
Schon vor seiner Zeit als „twen“-Macher konnte der gelernte Journalist und Autor erste Erfolge als Art Director verbuchen. Unter anderem war er seit 1956 für das Ausstellungs- und Katalogdesign der Kölner Fotomesse „Photokina“ verantwortlich – insgesamt 20 Jahre lang. Außerdem entwickelte er das Design des Magazins der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Eine seiner wohl populärsten Erfindungen, die auch heute noch genutzt wird, war das Logo für die von der Bild-Zeitung ins Leben gerufenen und ursprünglich als einmalige Aktion geplante Kampagne „Ein Herz für Kinder“.
Regenbogen im Bücherregal
Für den Suhrkamp Verlag entwickelte Willy Fleckhaus 1963 das Design der populären Taschenbuchreihe „edition suhrkamp“. Dabei verzichtete er bewusst auf die zu jener Zeit übliche marktschreierische Gestaltung und den Einsatz von Titelbildern. Die kleinen – und für klamme Studenten erschwinglichen – Taschenbücher kamen stattdessen mit einem sehr minimalistischen Design daher. Jeder Buchumschlag der Serie war in einer von insgesamt 48 knalligen Farben gehalten. Aufgereiht im Bücherregal ergab sich dadurch ein bunter Verlauf in Regenbogenfarben. Intellektuelle Inhalte von Wittgenstein, Horkheimer, Habermas und Co. erleuchteten von nun an die Regale der Nachkriegsgeneration. Über 40 Jahre lang erschienen die von Fleckhaus gestalteten Bände unverändert. Später war Willy Fleckhaus unter anderem auch für die Gestaltung der Taschenbuchreihe „Bibliothek Suhrkamp“ verantwortlich.
Sein Erbe lebt weiter
Deutschlands erster Art Director verstarb im September 1983 an den Folgen eines Herzinfarkts. Rund vier Jahre nach seinem Tod wurde Fleckhaus in die Hall of Fame des Art Directors Club New York aufgenommen. Seine Vorstellungen von einer kompromisslosen und ganzheitlichen Gestaltung leben weiter – auch als Nachwirkung seiner intensiven Lehrtätigkeit an der Bergischen Uni.