Kontrabass, Fotografie, Zeichnen, Malerei – Dietmar Wehr kostet die Vielfalt des kreativen Schaffens voll aus. Und das merkt man, wenn man seine Wohnung betritt.
Dietmar Wehr ist langjähriges Ensemblemitglied im Wuppertaler Sinfonieorchester. Seinen wuchtigen Kontrabass setzt der gebürtige Wuppertaler aber gerne auch mal im Namen des Free Jazz ein. Außerdem zeichnet er. Und er ist leidenschaftlicher Fotograf. Ein gerahmter Fotoabzug an der Wand des Wohnzimmers im Dachgeschoss zeigt vier charismatische Kartoffeln im fortgeschrittenen Zustand der altersbedingten Verschrumpelung vor weißem Grund. Wuchernde Keime wachsen aus dem einst runden Gemüse. Das Bild stammt aus seiner Fotoserie „Gemeinsam alt werden“, die mehrfach in der Region ausgestellt und sogar ausgezeichnet wurde. „Das Bild hing auch im letzten Jahr im Rahmen einer Gruppenausstellung in der Stadtsparkasse“, so Wehr. Der Titel: „Kleine Freunde Feierabend“. Bei den abgelichteten Nachtschattengewächsen handele es sich übrigens ausnahmslos um in der Küche liegengebliebene, die keiner im Haushalt mehr essen wollte, versichert Dietmar Wehr.
„Die Kartoffeln auf dem Bild sind schon vier, fünf Jahre alt.“ Die Feuchtigkeit sei zu diesem Zeitpunkt bereits vollkommen aus dem Gemüse gewichen, erzählt er. Trotzdem: Die tiefen Furchen und die ausufernden Keime lassen sie lebendig wirken. Kartoffeln mit Charakter. Jede für sich einzigartig. Wehr dokumentiert den Alterungsprozess seiner Studienobjekte mit dem Makro-Objektiv. „Man muss immer eine gewisse Entfernung zu den Objekten haben und Tageslicht ist natürlich das Beste. Deshalb stand ich auch schon mal mit der Leiter auf dem Balkon. Da haben die Nachbarn schon etwas geguckt“, erzählt er und lacht.
„Die Musik kam nach der Malerei. Angefangen habe ich mit einem E-Bass“, so der Sinfoniker. Beide Bereiche sind für ihn heute voneinander getrennt. „Bei der Kunst macht man, was man will, als Musiker im Sinfonieorchester bin ich eher Handwerker. Da darf nichts schief gehen. Und: Im Konzert gestaltet der Chef (Anm. d. Redaktion: der Dirigent) für dich.“ Musikalisch lebt sich der 60-Jährige aber auch abseits der klassischen Pfade aus. Zum Beispiel bei Klangprojekten in einem Jazz-Trio oder zusammen mit einem Dichter. Aktuell stellt er seine neuesten Werke – eine Serie aus organisch anmutenden Schwarzweiß-Zeichnungen – in einer Galerie in Velbert aus. „Das Zeichnen hatte mich plötzlich wieder gepackt“, so Wehr. „Ich habe jahrelang einen Block mit mir herumgeschleppt. Irgendwann dachte ich mir ‚Jetzt zeichne ich mal wieder!’“